Der moderne Rechtsstaat kennt die Unterteilung in Straf-Zivil- und
Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Hochmittelalter kannte Hochgerichte und
Niedergerichte. Ihre Zuständigkeit ergab sich aus dem jeweiligen
gesellschaftlichen Rang des Beklagten, aus der Art des Deliktes, aus der
Art und Höhe der zu erwartenden Strafen.
Das Verfahren selbst sah nach Anhörung von Klägern und Beklagtem den
Urteilsvorschlag der Besitzer vor. Der Vorsitzende sprach das endgültige
Urteil. Es war gewöhnlich unanfechtbar; jedes Verfahren hatte nur eine
Instanz. Allerdings war ein Art Einspruch zulässig, die so genannte
Urteilsschelte, was gegebenenfalls zu einer Neuverhandlung führen konnte.
Später setzten sich dann Appellationsverfahren durch.
Urteile gingen von dem Grundsatz aus das mutwillig verursachten Schäden
und Verluste in voller Höhe zu entgelten seien. Dies betraf Viehverluste
ebenso wie Verluste an Menschenleben. Solcher Ausgleich geschah entweder
dinglich oder durch Geld oder durch Frondienste. Der Kläger riskierte es,
im Verlustfall die gleiche Strafe zu erleiden, wie sie dem Beklagten
drohten. Auch Landseigentum, als wichtigster Besitztitel dieser Zeit,
konnte vom Gericht neu vergeben werden, man nannte das Anleit.
Im übrigen existierte eine breit gefächerte Skala von Strafen, die zum
Teil äußerst brutal ausfielen. Bei nachweislichem Meineid wurde die
Schwurhand abgehackt. Es gab die Acht; der davon Betroffene war rechtsfrei
auf Zeit, und wenn die angesetzte Frist abgelaufen war und der Geächtete
keine Einkehr zeigte, wurde die Aberacht verhängt; die zu völliger
Rechtlosigkeit führte. Ruten- und Peitschenhiebe waren üblich. Bei
Gotteslästerung wurde die Zunge mit glühenden Eisen durchbohrt, eine
andere Strafe war das Brandzeichen, am Körper anzubringen oder im Gesicht.
Man schnitt Verurteilten Hände, Füße, Nasen, Ohren und Lippen ab, man
stach ihnen die Augen aus.
Kardinalsverbrechen wie Mord, Raub, Brandstiftung und Vergewaltigung
wurden mit dem Tode gestraft. Mörderinnen wurden lebendig eingegraben. Die
Strafvollstreckung war anfangs dem erfolgreichen Kläger überlassen, ab dem
Hochmittelalter gab es hierfür Gerichtsdiener, auch Frondiener und Büttel
geheißen, und zuletzt bei Vollzug der Todesstrafe, den Henker. Die Urteile
sollten unter anderem der Abschreckung dienen. Die Hinrichtung erfolgte
gewöhnlich am Galgen, daneben gab es Rädern, Enthaupten und Verbrennen.
Der Vollzug war stets ein öffentliches Spektakel.
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