Minnesang nennt man die
schriftliche überlieferte hoch ritualisierte Form der gesungenen
Liebeslyrik, die der westeuropäische Adel im hohen Mittelalter pflegte,
den Kaiser selbst eingeschlossen.
Im deutschsprachigen Raum
kann man ab etwa 1150 von einem Minnesang auf mittelhochdeutsch sprechen.
Die im Minnesang gepflegte Version des Hochdeutschen ist der Versuch einer
ersten gesamtdeutschen Literaturs prache. (Erst 400 Jahre später erfolgt
der zweite Versuch durch Martin Luther.) Im Spätmittelalter (ab etwa 1350)
lösen andere Gattungen den höfisch-ritterlichen Minnesang ab.
Die ersten bezeugten
Minnesänger sind die Trobadors in Südfrankreich. Die Sprache ihrer Lieder
wird in moderner Zeit oft als Provenzialisch bezeichnet, wobei darunter
aber nicht der okzitanische Dialekt der Provence, sondern eine Art
oktzitanische Koine oder Literatursprache zu verstehen ist, die Elemente
aus verschiedenen okzitanischen Dialekten aufnimmt. Der Minnesang der
südfranzösischen Trobadors, später auch der nordfranzösische der Trouveres
hat wesentlichen Einfluss auf die Anfänge des deutschen Minnesangs.
Am klarsten nachweisbar
ist dieser Einfluss der (deutschen) Neutextierung provenzalischer 'Töne'
(unter einem 'Ton' ist die Einheit von Vers, Metrum und Strophenform
plus Melodie zu verstehen). Ebenso deutlich wie in derartigen
Kontrafakturen wird der französische Einfluss im erkennbaren Bemühen
deutscher Minnesänger, mit raffinierten Metren und Reimtechniken ähnlich
artifiziell zu glänzen wie die französischen Sänger.
Die Sprachkunst
des deutschen Minnesangs lässt sich jedoch auch ohne Rückgriff auf den
französischen Einfluss beschreiben.
Bedeutende deutschsprachige Minnesänger
Heinrich von Anhalt (ca.
1170-1212)
Der Kürenberger Mitte 12. Jh.
Dietmar von Aist
Heirich von Veldeke
Friedrich von Hausen
Albrecht von Johansdorf
Hartmann von Aue
Heinrich von Morungen
Reinmar
Walter von der Vogelweide
Wolfram von Eschenbach
Otto von Botenlauben
Neidhart (1. Hälfte 13. Jh.)
Gottfried von Neifen
Burkart von Hohenfels
Der Tannhäuser
Urlich von Lichtenstein (ca. 1200-1275)
Konrad von Würzburg (1220/1230-1287)
Heinrich von Meißen (Frauenlob (1250/1260-1318)
Johannes Hadlaub (Ende 13. Jh. - 1340)
Hugo von Monfort
Oswald von Wolkenstein
Der Mönch von Salzburg
Das wohl hervorragendste "Mädchenlied" von
Walther von der Vogelweide
Under der linden
Mittelhochdeutscher Text |
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under der linden an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ mugt ir vinden
schône beide gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal -
tandaradei!
schône sanc diu nahtegal.
ich kam gegangen zuo der ouwe,
dô was mîn friedel komen ê.
dâ wart ich enpfangen hêre frouwe,
daz ich bin sælic iemer mê.
kuster mich? Wol tûsentstunt!
tandaradei!
seht wie rôt mir ist der munt.
dô het er gemachet alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
des wirt noch gelachet inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
bî den rôsen er wol mac -
tandaradei!
merken, wâ mirz houbet lac.
daz er bî mir læge, wessez iemen,
- nu enwelle got - sô schamt ich mich.
wes er mit mir pflæge, niemer niemen
bevinde daz, wan er und ich,
und ein kleinez vogellîn -
tandaradei!
daz mac wol getriuwe sîn
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Übersetzung |
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Unter der Linde an der Heide
wo unser beider Bett war
dort könnt ihr finden
beides, liebevoll gebrochen Blumen und Gras
vor dem Walde in einem Tal -
Tandaradei!
sang schön die Nachtigall.
Ich kam gegangen zu der Aue
(Wiese),
wohin mein Liebster schon gekommen war.
Dort wurde ich empfangen, (als) stolze Geliebte (oder: verehrte Frau,
oder: heilige Jungfrau),
(so) daß ich für immer glücklich sein werde.
Küsste er mich? Wohl tausendmal!
Tandaradei!
Seht, wie rot mir der Mund geworden ist.
Dort hatte er gemacht so
prächtig (oder: verschwenderisch)
aus den Blumen ein Bettlager,
darüber wird noch sehr herzlich gelacht werden,
wenn jemand den selben Weg entlang kommt.
An den Rosen kann er wohl,
Tandaradei!
sehen, wo mein Kopf lag.
Daß er bei mir lag, wüßte das
jemand,
das wolle Gott nicht, so schämte ich mich,
was er mit mir tat, niemals niemand
erfahre das, nur er und ich,
und ein kleines Vögelein,
Tandaradei!
das wird wohl verschwiegen sein.
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